Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung und einem Jedermann-Rennen in einer Fahrdistanz von max. 3 Autostunden vom Bodensee aus bin ich auf die L’Alsacienne im Elsass gestoßen. Sofort war ich begeistert vom Streckenverlauf durch die Vogesen und der Auswahl der 3 angebotenen Distanzen und Höhenprofile! Das klang sehr interessant, daher gleich für 2018 angemeldet und meinen Rad-Freund Rapha mit begeistert!

Logo L'Alsacienne

L’Alsacienne – Radveranstaltung im Elsass (Quelle: https://www.alsacienne.org/)

Die Strecken

Drei Strecken über 90 Km und 2.500 Höhenmeter, 125 Km mit 3.700 Höhenmetern und heftige 167 Km über 4.500 Höhenmeter werden jeweils mit Start im elsässischen Uffholtz angeboten. Die Streckenführungen verlaufen über so namhafte Berge wie Grand und Petit Ballon, Platzerwasel oder Markstein und sehen im Profil aus wie ein Sägezahn. Es gibt eigentlich keine Transferstrecken sondern ein ständiges Auf und Ab. Da die Berge in den Vogesen sehr „eng“ beieinander stehen, teilen sich die Strecken verschiedene Abschnitte. So wird der Grand Ballon gleich zu Anfang von allen Startern gemeinsam genommen und man sieht sich an verschiedenen Abzweigungen oder Vereinigungen immer mal wieder. Den letzten gemeinen Anstieg zum Ziel mit 2 Kilometern Länge und 200 Höhenmetern zum Molkenrain teilen sich dann alle Starter wieder zusammen.

Strecken L'Alsacienne 2018

Strecken L’Alsacienne 2018 (Quelle: https://www.alsacienne.org/wp-content/themes/html5blank/img/carte_parcours_2018.jpg)

Die Veranstaltung

Start ist in Uffholtz am Fuße des Grand Ballon, Ziel auf dem Molkerain und das Veranstaltungsgelände liegt an der Sportanlage in Cernay, insofern alles etwas verstreut. In Cernay befinden sich die Ausgabe der Startnummern, Pasta Party, Infostände und die Duschen inklusive Umkleiden. Da alles mehr oder weniger in einer Halle stattfindet gibt es keine weiten Wege. Da jedoch Start und Ziel nicht vor Ort sind verliert das Veranstaltungsgelände fiel von einer Rennatmosphäre (so gibt es zum Beispiel keinen Zielsprecher vor Ort). Der Veranstalter hat sich dennoch große Mühe gegeben es so angenehm wie möglich zu machen und man findet alles perfekt organisiert vor. Besonders charmant sind die Stände lokaler Spezialitäten, eine Fotokulisse inklusive Modell für Selfies und ein sensationelles Essenspaket nach dem Rennen! Insgesamt sehr empfehlenswert!

Das Rennen

Der Startbereich befindet sich direkt am Ortsausgang von Uffholtz an der Auffahrt zum Grand Ballon und es war beeindruckend durch die ansteigende Straße das gesamte Starterfeld zu überschauen. Nach kurzer Wartezeit fiel der Startschuß (ohne Startblöcke) und in gemächlichem Tempo ging es los für uns. Typisch für „Bergrennen“ gab es kein Gebolze am Anfang, jeder wusste dass es erstmal galt die Körner beisammen zu halten, der Weg ist lang!

Starterfeld l’Alsacienne 2018

Da alle drei Strecken auf einmal gestartet werden und mit dem Grand Ballon auch den selben ersten Anstieg von knapp 22,1 km und 1163 Hm haben, war die Situation zuerst doch recht unübersichtlich. Wir kamen zwar gut voran und haben bis zur Passhöhe einige Plätze gut machen können, dennoch war das ein Unterfangen, das nicht immer so einfach war. Das Feld nahm die gesamte Straßenbreite ein und man musste immer die Lücke zum Überholen suchen. Erst bei einer kurzen Zwischenabfahrt zum Col Amic hinter dem Veil Armand lockerte es sich etwas auf.

Wirkliche Gruppen haben sich aufgrund des Streckenprofils nie gefunden und so sind wir mehr oder weniger zu zweit gefahren. Mal war Rapha vorne, mal nebeneinander und mal dann ich als Zugtier. Alte Weisheit: Am Berg ist eben jeder allein!

Am Markstein, dem nächsten kürzeren Zwischenanstieg nach dem Grand Ballon teilten sich die Strecken und wir auf der Mitteldistanz mit 125 Kilometern stürzten uns in die erste längere Abfahrt Richtung Schweighouse und dem folgenden Anstieg zum Col du Bannstein. Dieser lief über 3,8 km inklusive 173 Höhenmetern super und fast unbemerkt, da er auch der kürzeste von allen Anstiegen der L’Alsacienne ist. Spätestens hier jedoch bestand das Fahrerfeld nur mehr aus losen Gruppen von 3-5 Fahrern.

Die folgende Abfahrt hinab vom Col du Bannstein führte uns nach Soultzmatt und zur ersten Verpflegungsstation. Ich hatte mir vorgenommen regelmäßig und ausreichend zu essen um die Energiespeicher gefüllt zu lassen und die Verpflegungsstation bot dazu reichlich Mittel an. Sagenhaft was es alles gab: von Power-Riegeln bis hin zu Leberwurst-Broten! Das ist also Essen wie Gott in Frankreich!

Nach der schnellen Verpflegung ging es nach einer weiteren kurzen Abfahrt nach Osenbach direkt in den Anstieg zum Col du Firstplan. Vielleicht wegen des Essen, vielleicht auch weil ich beim jetzt 3. von fünf Anstiegen merkte „Es läuft“, bin ich den Firstplan von vorne gefahren. Rapha fiel zurück und ich sprang von Gruppe zu Gruppe und ballerte einige Körner an diesem Berg raus. Auf 9,4 km Länge überwanden wir 460 Hm und das in fahrbaren 6-7%. Ergebnis: Über eine Minuten Warten auf Rapha am Gipfel war der hart erkämpfte Preis.

Die folgende Abfahrt nach Wasserbourg nutzte ich zur Erholung mit dem Wissen, dass es gleich in den Petit Ballon gehen sollte. Weshalb dieser „klein“ genannt wird, war mir nicht wirklich klar und wurde immer unklarer als wir die ersten Meter im Anstieg fuhren. Mit 12-15% zeigte der „Kleine Hügel“ seine ganzen Zähne und wir hatten für die kommenden knapp 12 Kilometer echt zu kämpfen. Ich fragte mich ob ich den Firstplan nicht doch lieber etwas ruhiger hätte anfahren sollen.

Nach einigen Kilometern im Wald trat die Straße hinaus auf Weideland und man konnte das mittlerweile sehr schön versprengte Fahrerfeld über die sich nach oben windende Straße verfolgen. Hier fuhren wir ein gutes Stück mit einem französischen Fahrer, der uns dann erklärte, dass die beiden „Jungspunte“, die uns soeben in rasendem Tempo überholten der Erst- und Zweitplatzierte der Langdistanz waren. Bäng!

Nach weiteren 845 Höhenmetern auf den Petit Ballon schwanden die Kräfte langsam und die Abfahrt Richtung Sondernach und zweiter Verpflegungsstelle war herzlich willkommen. Dort gab es wieder einen reich gedeckten Tisch und Cola. Wir nutzten diese Wunderwaffe und neben einem vollen Becher ad hoc füllte ich mir noch die eine von zwei Radflaschen für unterwegs.

Der Aufstieg zum vorletzten echten Berg, dem Col de Platzerwasel war anfangs eine Qual und hintenraus kein Vergnügen. Dennoch, nach dem die Cola-Wirkung einsetzte fuhren wir die knapp 8 Kilometer mit 660 Höhenmetern und teilweise 10% doch recht dynamisch und wieder zusammen hoch.

Die kleine Zwischenabfahrt vom Platzerwasel mit herrlicher Weitsicht führte dann zum letzten Anstieg über Col du Breitfirst zurück Richtung Grand Ballon. Hier trafen sich auch alle drei Strecken wieder und mündeten in die letzte Versorgungsstation an der es „lediglich“ Power-Gels und Energy-Drinks gab. Letzte Versorgung für den Endanstieg zum Molkerain.

Nach einem kontinuierlichen Auf und Ab und einer langen Abfahrt ging es zu einem Parkplatz am Fuße eines schmalen Sträßchens hinauf zum Ziel. Jeder der schon einmal den Marathon dles Dolomites gefahren ist und die Mür dl giat zum Schluss erklimmen musste, weiß weshalb der Veranstalter der L’Alsacienne die letzten 2 Kilometer zum Col du Molkerain eingebaut hat: Rad-Quälerei!

Es sind exakt 2.000 Meter die mit durchschnittlich 10% und immer wieder gut über 12% schnurgerade durch den Wald ziehen. Liebevollerweise sind alle 500m ermunternde Schilder am Straßenrand (Ein Bierkrug?), was den Radler jedoch nur noch mässig motiviert. Wir quälten uns im 1. Gang Meter für Meter nach oben und passierten einige „Geschlagene“, die entweder am Wegesrand saßen oder ihr Gefährt mühsam den Berg hinauf schoben! Kurz nachdem wir den Wald verließen lag das Ziel urplötzlich in greifbarer Nähe vor uns. Nochmal alle Kräfte zusammengenommen, ein kurzer Antritt und es war geschafft. Finisher über 125 Kilometer & 3.700 Höhenmetern!

Noch ein paar Tipps

  • Da ohne Startblöcke gestartet wird ist es sinnvoll frühzeitig im Startbereich zu sein um eher im vorderen Drittel des Feldes loszukommen. Wir waren in der hinteren Hälfte was doch recht mühsam war zu überholen.
  • Die Straßen waren großteils in gutem Zustand. Da jedoch weite Teile der Strecke -zum Glück- im schattigen Wald verläuft sollte man bei wechselhaften Lichtverhältnissen seine Geschwindigkeit bei den Abfahrten nicht übertreiben. Manches Schlagloch sah ich erst im allerletzten Moment!
  • Nach dem Rennen auf jeden Fall nochmals zum Veranstaltungsort nach Cernay fahren und das tolle Lunchpaket genießen. Super liebevoll hergerichtete elsässische Leckereien warten auf den hungrigen Radler. Sehr empfehlenswert!
  • Keiner der vielen Anstiege ist mit einem ausgewachsenen Alpenpass über 15-20 Kilometer länge zu vergleichen. Das ist das Schöne! Dennoch sollte man von Anfang an seine Kräfte gut einteilen, denn es gibt einfach keine Flachstücke, die für etwas Erholung sorgen könnten.