Sitze gerade in den Dolomiten und bin heute u.a. das Selajoch mit meinem Rennrad gefahren und sehe mich leider genötigt nach sehr langem Zögern doch über E-Bikes und im Speziellen E-Mountainbikes zu schreiben.

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen nichts kritisches über E-Bikes zu schreiben, denn es gibt ja auch einiges an Gutem dazu zu sagen. Aber ja, Erlebnisse und insbesondere negative Erlebnisse lassen einen dann doch -leider- manchmal von seinen Meinungen abkommen.

Daher findet ihr hier meine ehrlichen und persönlichen 5 Punkte gegen E-Mountainbikes (in der Kategorie „5 Punkte„):

1. Gib es noch normale MTBs?


Vor 5 Jahren konnte man noch allerlei Mountainbikes in den Bergen sehen. Hardtail, Fullsuspenion, Cross-Country usw. waren alle vertreten und dazwischen sehr exotisch das eine oder ander E-Mountainbike. Heute stellt sich das exakt umgekehrt dar: Nur noch E-MTB und sehr selten ein „echtes“ Mountainbike. Wo sind all die MTB-Fahrer hin, die die Berge besiedelten und mal mehr oder weniger kraftvoll die Berge hochkurbelten. Sind die wirklich alle umgestiegen oder gibt es ein entlegenes Hochtal in den Alpen in das sie sich haben retten können? Ich befürchte aber mehr, dass sie alle ihr Edel-MTB gegen einen Elektro-Zossen getauscht haben. Da ist und war wohl nie der sportliche Anspruch der Treiber des Radfahrens, oder?

2. Wie schiebt man 20 Kg den Berg rauf?


Ich konnte eine Gruppe von 6 E-Mountainbikern (3 Frauen, 3 Männer) erleben dürfen, die sich auf einen mit Felsen durchsetzten Wanderweg verirrten, der sich sehr steil den Berg hoch wand. An Fahren war hier nicht zu denken und so mussten die MTB geschoben und über teilweis Knie- bis Hüfthohe Felsen gehoben werden. Was für ein lustiger und zugleich erschreckender Anblick boht sich hier! Gelang es den Männern noch teilweise ihre E-Bikes allein hochzuwuchten, so waren die Damen heillos verloren und konnten nur dank ihrer hilfsbereiten Kollegen und anderer Wanderer die Passage bewältigen. Früher schulterte man sein Carbon-MTB (< 8 Kg) und sah derlei Passagen als normale sportliche Herausforderung. Unfassbar jedoch was man sich da heute antut und immer noch der Meinung ist, dass E-Bikes das Ganze ja um so viel einfacher machen. Von meiner Seite: Reines Kopfschütteln!

3. Komplett ausgerüstet fährt besser?

Ja, der Radsport neigt dazu sich sehr stark über sein Material zu definieren. Das Neueste vom Neuen muss es sein und dann das sowohl bei Material, Kleidung als auch bei allen Accessoires. Ich habe jedoch selten eine Gruppe Radfahrer gesehen bei denen Schein und Sein soweit auseinander klafft wie bei den E-Mountainbikern. Hier wird Material im mittleren 4-stelligen Bereich durch die Gegend gekachelt und dazu alles farblich mit den teuersten Sportartikeln kombiniert, die jedem MTB-Profi ebenfalls sehr gut stehen würden. Sicherlich, es gibt auch den einen oder anderen „Schmähbauch“ bei den Rennradlern, der seinen Wanst in sein olles T-Mobile-Trikot zwängt. So viele fehlgeleitete und recht deplatziert aussehende Menschen, die voll aufgemotzt herumdonnern habe ich jedoch noch nie gesehen wie bei den E-Mountainbikern. Sind die Verkäufer so clever oder ist die Kundschaft so dumm?

4. Naturschutz, was ist das?

Ich möchte mich daran erinnern, dass vor ebenfalls 5 Jahren allerorts die Diskussionen hochkochten wie diese MTB-Fahrer doch die Natur massiv zerstören und in den Bergen zur Errosion beitragen würden. In manchen Spots wurde bereits über Einschränkungen und Verbote derlei Treiben nachgedacht. Teilweis wohl tatsächlich zu Recht. Heute, keine Spur mehr davon zu sehen und noch viel mehr: Ein massiver Ausbau sämtlicher Möglichkeiten für die E-Mountainbiker. Heute gehört es zum guten Ton alpinem Toursimus E-MTBs via Gondel auf die Berge zu verschaffen, spezielle Sommerkarten auszulegen und ausgewiesene Bike-Parks allerorten anzulegen. Wurde dem „normalen“ MTB-ler die Zerstörung der Grasnarbe und die Förderung der Errosion vorgeworfen, so frage ich mich ernsthaft wie sich das mit den großteils übermoterisierten E-Mountainbikes zuträgt. Diese fräsen jeden Berg hoch, transportieren ihre Oversize-Fahrer locker auf jede Almhütte und bereiten eine richtige Gaudi wenn der Untergrund gar fröhlich beim „Turbo“-Antritt vom Hinterrad geschleudert wird. Kann es sein, dass das Geld der E-Biker den Tourismus-Verantwortlichen dann doch mehr wiegt als die intakte Natur?

5. Wie früh fangt ihr an aufzuhören?

Okay, dass E-Bikes bei Erwachsenen angekommen sind und E-Mountainbikes jedem ausgewachsenen Menschen das Up- und Down-Hill-Feelingen ermöglichen sollte jetzt jedem Leser bewusst geworden sein. Ich konnte jedoch feststellen, dass sich diese Phänomen nicht nur bei Singlen oder Paaren feststellen ließ, sondern der Siegeszug der E-Mountainbikes bei Familien genauso unverkennbar Einzug gehalten hat. Vati und Mutti haben sich bereits vor einiger Zeit ihre 3.000-Euro-Bikes rausgelassen, das Jungvolk musste noch mit Muskelkraft hinterher hecheln. Das kann nicht lange gut gehen und so wurde zum Kräfteausgleich und um des Familienfriedens willens wohl auch auf der Kinder-Seite aufgerüstet. Einerseits verständlich, denn welcher 10-Jährige kann auf 1.000 Höhenmetern seinen entspannten E-Bike fahrenden Eltern auf einem konventionellen MTB folgen? Richtig: Keiner! Gleichzeitig habe ich mich gefragt wie früh diese Kids mittlerweile anfangen mit dem Radfahren aufzuhören? Wie krass ist es doch zu sehen, dass heute die sportliche Betätigung der Jugend wie das ganz gewöhnliche Radfahren zur Farce verkommt und bereits Kinder mit E-Bikes ausgestattet werden. Wie früh fangt ihr eigentlich an aufzuhören?

Zugegeben, ich kann die obigen Punkte nicht ändern und so belasse ich es mal bei diesem Blog-Beitrag. Ich würde mich dennoch freuen, wenn ihr euch zum einen Gedanken macht ob ihr dieser IMHO seltsamen Entwicklung ebenfalls folgen möchtet und zum anderen gerne mir eure Meinung dazu via Kommentar-Funktion hinterlasst. Danke!

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