Kaum eine Sportart ist so auf das Equipment, das es gilt zu haben und zu benutzen, fixiert wie das Rennradfahren. Was man kann und wie gut man ist, zeigt sich nicht zuletzt über das was man hat und wie man gewandet ist. In 3 Kategorien gibt’s mit Augenzwinkern ein wenig Wahrheit:

Welche Radler-Marotten verstecken sich dahinter?

Das Rennrad

Ohne geht’s nicht und es ist das zentrale Element in diesem Sport: das Rennrad. Würde man einen Schwimmer befragen ob er sich über seine Bade-Buxe identifiziert, so würde man wohl nur Gelächter einheimsen können.

Carbon oder Alu, Shimano oder Campagnola, 2-fach oder 3-fach Kurbel, welche Anbauteile und welche Laufräder, fährt man das aktuelle oder das Vorjahresmodell? 1000 Fragen stellen sich und 1000 Diskussionen kann man führen. Das Rennrad spiegelt den Fahrer wider, der Fahrer das Rad. Das Rad ist die heilige Kuh!

Bedenkt man, dass für ein halbwegs „gscheites“ Bike locker über 1000 € hingelegt werden muss, dann wundert es mich immer wieder wie viele neue & aktuelle Modelle man auf den Straßen sieht. Woher haben die Leute das Geld? Und wo sind die ausgedienten Räder geblieben? Nachts heimlich entsorgt?

Ein Rennrad hat etwas ästhetisches und ist in seiner Schlichtheit -im Vergleich zum MTB- eine grazile Schönheit. Ich sage dennoch nur 2 Sachen dazu:

  1. Ein fetter Fahrer macht das schönste Bike zu nichte!
  2. Ein teures Rad macht Dich nicht schneller, nur ärmer!

Der Dresscode

Kleider machen Leute sagte bereits Gottfried Keller. Wer weiß, vielleicht war er auch Rennradler, denn dieses Motto gilt auch im Radsport.

Hat man nun ein edeles Bike ergattert, so denken viele, dass es zum guten Ton gehört eine gute Figur machen zu müssen. Wer würde denn schon bitte mit einem normalen Baumwoll-Shirt, einer Bermuda-Short und Turnschuhen auf dem Rennrad trainieren wollen? Da gehört eine Radhose, ein Trikot, der Helm und Radschuhe zur Basisausstattung.

Auf den Nebenschauplätzen gilt es dann mit Handschuhen, Brille, Arm- und Beinlingen und in der Königsklasse den Kompressionsstrümpfen aufzutrumpfen. Es gibt für jedes dieser Ausstattungsmerkmale echte Kaufargumente und ich habe mir über die Jahre hinweg von allem -bis auf die Strümpfe- etwas angeschafft.

Doch ehrlich, braucht man wirklich die Team-Ausstattung, angefangen beim Helm bis zu den original Schuhen! Eindrucksvoll fand ich einen Teilnehmer des Alpenbrevet 2009, der mit einem Schweizer Militärfahrrad, einer kurzen Hose, einem Hemd und Lederschuhen 5 Pässe fuhr! Respekt! Ich sage dennoch nur 2 Sachen dazu:

  1. Ein selbstverdientes Trikot ist allemal besser als das Gekaufte.
  2. Wer über das Outfit glänzt gehört in den Biergarten, nicht auf die Piste.

Der Fahrer

Was zeichnet den typischen (Hobby-) Rennradfahrer aus? Nichts, denn ihn gibt es meiner Ansicht nach nicht -im Gegensatz zum Profi. Klar, häufig sieht man die Ränder von Hose und Tikot, das kann einem Landvermesser im Sommer auch passieren.

Dennoch, auch hier gibt es sooo viele Dinge von den behauptet wird, man sollte sie haben. Rassierte Beine zum Beispiel! Ja, ich geb’s zu, ich gehöre auch zu dieser sehr seltsamen Gattung! Sind sie obligatorisch? Definitiv nein!

A propos Gattung. Da gibt es den einsamen Radler, der gemütlich durch die Lande pedaliert ohne Streß und Geschwindigkeit. Den Kanibalen, der sobald er einen „Konkurrenten“ am Horizont erblickt ranstürmt und überholen muss. Die Gruppen-Pedalierer, meist ab Mitte 30 vorzufinden, die eine Ausfahrt als Kaffeekränzchen nutzen. Der Lutscher, der es schafft 15 Kilometer am Hinterrad zu kleben ohne ein „Hallo“ äußern zu wollen. Ich sage dennoch nur 2 Sachen dazu:

  1. Leben und leben lassen.
  2. Rennradfahrer grüßt euch wenn ihr euch auf einer Tour begegnet.

Das Fazit

Beim Rennradfahren geht es in erster Linie ums Sporttreiben, dann um die Natur zu erleben und zu erfahren und dann vielleicht noch um das eine oder andere selbstgesteckte Ziel zu erreichen. Leider sehen das ganz viele meiner Mitsportler nicht so.

Ich bedaure es, dass es so viele narzistische und überhebliche Radler gibt. Dass der Kult ums Rad nicht nur von der Industrie propagiert sondern vom Sportler selber dankbar weitergespielt wird. Dass Material zu oft mehr zählt als die für sich selbst erbrachte Leistung.

Dass der Profisport dopingverseucht ist und -meiner Ansicht nach- auch noch lange bleiben wird ist klar. Es zeigt sich aber im Breitensport, dass hier vieles vom Profidenken schon vorhanden ist. Besser sein als der andere -zu jedem Preis- zählt mehr als der Genuss am Fahren.

Ich fahre sehr gerne Rennrad und freue mich immer, wenn mir ein anderer Radler begegnet, ich ein paar Kilometer mit ihm fahren kann oder ich ihm auch nur freundlich zunicke.

Und ja, ich gehöre zu der Gattung der Radler, die einen anderen mit einem netten „Hallo“ grüßen, wenn ich ihn überhole! Da ist schon manches interessante Gespräch bei rausgekommen. Probiert’s mal aus!