Es gibt kaum ein Thema beim Rennradfahren, das so häufig und kontrovers diskutiert wird wie die Pflege, Reinigung und Schmierung der Kette! Die Glaubensrichtungen für die optimale Kettenpflege gehen soweit auseinander, dass es Zeit wird etwas mehr Klarheit in das Thema zu bringen: Hier gibt es den Guide zur optimalen Kettenpflege!

Kettenaufbau

Vor der Reinigung und Pflege der Kette ist es wichtig zu verstehen wie Rennradketten aufgebaut sind.

Moderne Rennradketten von Shimano, Campagnola oder SRAM sind alle als sogenannte hülsenlose Ketten aufgebaut. Das bedeutet, dass an den Außen- und Innenlaschen der Kettenglieder keine eingepressten Hülsen wie früher vorhanden sind, sondern die Laschen einfach glatte Metallplättchen mit einer Außen- und Innenseite darstellen.

Durch den Wegfall von Hülsen sind moderne Ketten in der Seitwärtsbewegung deutlich flexibler und lassen mehr Schräglauf und damit größere Kassetten zu. Das bedeutet: Hülsenlose Ketten ermöglichten erst den Aufbau von 10-/11-/12-fach Kassetten!

Die Kette läuft über sogenannte Rollen auf den Ritzeln welche den Druck der Pedale aufnehmen. Diese Rollen wiederum laufen auf Nieten welche in die Laschen gepresst werden. In den Zwischenraum zwischen Rollen und Nieten ist Fett gepresst welches die Reibung minimiert, die Kette beweglich hält und noch wichtiger den Druck auf die Nieten sauber überträgt.

Wenn wir von Kettenreinigung und Kettenschmierung sprechen ist dieses Fett das ausschlaggebende Elemente! Ohne dieses Fett gehen Ketten kaputt.

Kettenreinigung

Bevor eine Kette (neu) geschmiert wird, sollte diese zuerst gereinigt werden. Warum das? Nach jeder Ausfahrt sammelt sich Dreck in Form von Straßenstaub und Abrieb an der Kette und haftet an der bestehenden Schmierung an. Diese Mischung aus Öl und Staub bildet eine gefährliche Mischung für den Antrieb, verkürzt die Lebenszeit und erhöht den Widerstand beim Treten.

Denn erstens setzt dieses Gemisch, wenn man es nicht regelmäßig entfernt die Kette immer mehr zu und bildet eine immer zähere Maße. Ein unnötiger Widerstand, der bei Alles nur Luft – Welche Widerstände es beim Rennrad fahren gibt? erklärt wird.

Zum anderen wird die Lebensdauer der Kette deutlich verkürzt indem diese Schmiere kontinuierlich alle beweglichen Kettenteile „abschmirgelt“. Eine Kette fahre ich bei guter Pflege mindestens 1.500 bis 3.000 Kilometer und je nach Nutzung sogar bis zu 5.000 Kilometern. Das wiederum kann sich um die Hälfte reduzieren, wird der Antrieb nicht regelmäßig von der Schmirgelpaste gereinigt. Dieses gilt dann zusätzlich nicht nur für die Kette sondern daneben auch noch für Kettenblätter und Ritzel. Unnötige Kosten von 100-200€ können die Folge sein.

Manche Rennradler sprechen beim Thema Kettenpflege von Ästethik. Mir geht es weniger ums Aussehen als um die Leistung meiner Rennradkette!

Die 5 häufigsten Fehler der Kettenreinigung

  1. Trockene Reinigung: Die Kette einfach durch einen trockenen Lappen laufen zu lassen säubert diese zwar scheinbar, beseitigt jedoch nicht den obigen Schmutz. Der Lappen nimmt  diesen nur geringfügig auf und verteilt ihn sogar noch mehr auf der Kette. Das Öl-Dreck-Gemisch wird immer mehr in die Laschen- und Rollenzwischenräume „geschoben“ und sammelt sich dort an, Schmirmittel kann nicht mehr in die Zwischenräume vordringen. Die Kette wird immer unbeweglicher, der Verschleiß steigt!
  2. Übermäßige Schmierung: Häufig werden Ketten direkt mit dem Öl-Kännchen geschmiert, in dem die Kette im Freilauf durchläuft und Öl direkt auf die Kette fließt. Oftmals wird dann das überschüssige Öl einfach auf der Kette belassen, also nicht mit einem Lappen abgeputzt. Die Folge: die Kette trieft von Öl welches sich an den Ritzeln/Kettenblättern niederschlägt und sogar bis auf Rahmenteile gelangt. Viel hilft nicht viel: Eine solch falschgepflegte Kette zieht den Schmutz wie ein Magnet förmlich an und verdreckt (Schwarzer Belag) in kürzester Zeit. Ein Effekt wie bei Fehler 1 stellt sich ein!
  3. Fahrradreiniger (Spülmittel) & Wasserstrahl: Auch das Shamponieren der Kette und des Antrieb mit Fahrradreiniger oder Spülmittel schadet der Fahrradkette unnötig. Die verwendeten Reinigungsmittel enthalten Tenside, welche die Fette zwischen Rollen und Nieten lösen und aus den Zwischenräumen auswaschen. Das Absprühen der Kette mit einem direkten Wasserstrahl drückt dann noch zusätzlich Wasser in die Zwischenräume: Schnelle Kerrosion ist die Folge!
  4. Kettenreinigungsgeräte: Diese Geräte mit kleinen Putzbürstchen bei denen die Kette durch ein Reinigungsmittel-Bad (z.B. Reinigungsbenzin) läuft und gleichzeitig „abgebürstet“ werden sind wahre Killer jeder Rennradkette und in keinem Fall zu verwenden. Hier wird die Kette auf brachiale Weise behandelt und das Fett in den Rollen in kürzester Zeit herausgespült.
  5. Ketten-Entfetter: Diese Mittel werden aus Sprühdosen auf die Kette und den Antrieb aufgetragen und nach kurzer Einwirkzeit wieder abgespült. Man kennt sie aus dem Motorsport und sie entfernen -wie der Name sagt- sämtliche Fette! Das bedeutet aber auch eben sämtliche Fette in den Rollen! Im Gegensatz zu Motorradketten besitzen Fahrradketten nämlich keine Dichtringe an den Rollen, die die Fettschmierung schützen. Ist dieses Fett einmal entfernt, lässt es sich auch mit keinem Kettenöl mehr ersetzen.

Die optimale Kettenreinigung

Über das Reinigen von Rennradketten lässt sich wahrscheinlich genauso lange philosophieren wie über die Vor- und Nachteile von Disc-Bremsen. Wichtig dabei ist aber: Die Kette muss gereinigt werden ohne gleichzeitig zu entfetten!

Der Aufbau moderner hülsenloser Rennradketten (s. oben) bedeutet nämlich auch, dass das Fett zwischen Nieten und Rollen ungeschützer ist und leichter „ausgewaschen“ werden kann. Und hier spricht man tatsächlich von Fett und nicht von Öl! Ohne Fett verliert die Kette ihr Elastizität beim Schalten, erzeugt immer mehr Wiederstand und verschleißt sehr schnell.

Wer also seine Kette optimal reinigen möchte muss reinigen ohne zu entfetten!

Wie kann man das am Besten machen?

  1. Kettenöl reinigt: Die beste Weise seine Kette zu reinigen ist die Verwendung von Kettenöl. Ein paar Tropfen (3-5) auf einen sauberen Lappen auftragen um die Kette legen und durchlaufen lassen, fertig! Das Öl löst die Schmutzschicht ohne die Kette zu entfetten und trägt gleichzeitig einen neuen dünnen Ölfilm auf. Gleichzeitig kommt auch nicht unnötig viel Öl auf die Kette.
  2. Häufige Reinigung: Dieses einfach Verfahren sollte nach jeder Ausfahrt angewendet werden. Hält man sich daran, so bildet sich zum einen kein starker Schmutzfilm und zum anderen sind brachialer Reinigungsverfahren nicht mehr notwendig.
  3.  WD40 optimiert: Eine nach obigem Vorgehen gepflegte Kette nimmt wenig Schmutz auf. Dennoch sollte man nach jeder 3-4 Ausfahrt die Kette mit WD40 intensiver reinigen. Davon sprüht man ein wenig auf einen sauberen Lappen auf und lässt die Kette wiederum durchlaufen und „massiert“ die einzelnen Glieder dabei leicht. Aber Achtung: WD40 nie direkt auf die Kette sprühen (Entfettung!) und auch nicht zu viel auf dem Lappen verwenden! Es gilt nur hartnäckigen Schmutz zu lösen und abzuputzen. Danach nach 15 Minuten Wartezeit Schritt 1 anwenden.
  4. Ritzel/Kettenblätter reinigen: Eine gut gepflegte Kette bringt wenig Schmiermittel auf Ritzel und Kettenblätter. Dennoch sollte man bei Schritt 1 ebenfalls Ritzel und Blätter regelmäßig mit „abwischen“ und einmal im Jahr (spätestens vor der Winterpause) den Antrieb zum Reinigen demontieren. Kassette abziehen und alle Ritzel einzeln reinigen, ebenso die Kettenblätter von der Kurbel schrauben und reinigen.
Eine Auswahl an Kettenschmiermittel
Wet Lube / Ceramic Lube / Shimano Wet Lube
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Kettenschmierung

Schmiermittel und ihre Verwendung

Um es vorweg zu nehmen: Es gibt hier keine einfachen Antworten und ein „One-Size-Fits-All“-Mittel gibt es auch nicht! Kettenschmierung ist eine so individuelle Sache und hängt von viel Äußerem ab, so dass eine einfache Antwort keinen Sinn macht.

   

Dennoch, Kettenschmierung hängt von ein paar allgemeinen Dingen ab:

  1. Witterungsbedingungen: Fährt man im Sommer im Trockene auf der Straße so reichen Schmiermittel mit geringerer Haftung aus. Die Fahrt im Regen oder mit dem MTB durch nasses Terrain sollte dagegen immer mit einem Schmiermittel mit hoher Haftung durchgeführt werden. Hier geht es darum, die Feuchtigkeit von der Kette fernzuhalten und insbesondere das Eindringen von Wasser in die Rollen zu verhindern.
  2. Dreck/Staub: Ist man auf sehr staubigem Terrain unterwegs bieten sich Dry-Lube-Schmiermittel an, da hier kein bzw. sehr wenig Staub an der Kette hängen bleibt. Die Kette läuft „trocken“ und ist z.B. über Tefflon-Partikel geschützt und „geschmiert“, Staubpartikel bleiben daran jedoch nicht haften.

Nützliches zu Rennrad Ketten